Zahlreiche kleine Verbesserungen und KI-gestützte Dialog-Transkription sollen Nuendo wieder auf Höhe der Zeit bringen.
25 Jahre ist es her, dass Steinberg seinen beliebten Sequencer Cubase um eine Profi-Variante für Postproduction ergänzte. Nuendo war geboren. Wie schon Cubase profitierte Nuendo zu Beginn von der rasch wachsenden Rechenleistung gewöhnlicher PCs, die sie immer tauglicher für aufwendige Audio-Aufgaben werden ließen. Mit dem Duo aus Cubase und Nuendo stieß Steinberg damals in einen Markt vor, der bislang von teuren Hardware-Software-Lösungen wie Avids Pro Tools dominiert gewesen war. Cubase hatte dies bereits 1996 mit VST (Virtuelle Studio Technologie) vorweggenommen, das genau wie die ASIO-Schnittstelle (Audiostream Input/Output) rasch zum Industriestandard avancierte. Mit relativ wenig Geld sollten bald leistungsfähige Kleinstudios auf PC-Basis möglich sein, die besonders für kostengünstige Projekte ideal waren. Bald hatte sich um Steinbergs DAW-Software ein riesiger Markt an Plugins entwickelt, der die Basis um weitere Funktionen wie virtuelle Instrumente und Effekte erweiterte.
Wandeln und Handeln
Unternehmen wie Steinberg haben während der letzten vier Jahrzehnte maßgeblich zur Demokratisierung der Audio-Produktion beigetragen. Begonnen hatte es mit einfachen MIDI-Sequencern wie Steinberg Pro und Cubase, die für die populären Heimcomputer Commodore und Atari angeboten wurden. Diese verfügten bereits über Soundchips und MIDI-Schnittstellen, konnten also einfach für Aufnahmezwecke genutzt werden. Cubase Audio erschloss Anfang der 1990er Jahre Windows und Mac OS. Rasch folgten der Audio-Editor Wavelab, Cubase VST, und ab 2000 Nuendo, die heute noch das wirtschaftliche Rückgrat für Steinberg bilden. Ein selbständiges Unternehmen ist Steinberg längst nicht mehr, sondern firmiert seit 2005 unter der großen Yamaha-Gruppe. Seither haben sich die Marktbedingungen nochmals deutlich verändert. Hat Steinberg ursprünglich selbst zu den Disruptoren gezählt, muss man sich heute mit teils kostenfreien webbasierten Lösungen auf Basis Generativer KI herumschlagen. Vor diesem Hintergrund scheint es spannend, die Neuerungen in Nuendo 14 zu beleuchten.
Ohne KI geht nichts
Natürlich lässt auch Steinberg mittlerweile KI-Bausteine einfließen, etwa bei der Transkription von Sprachaufnahmen. Allzu weit soll die Metapher klassischer Studioumgebung aber nicht verloren gehen. Ergebnis kann somit nur ein sachte und sinnvoll aktualisiertes System sein, das am Gewohnten nicht rüttelt, gleichzeitig aber genügend Mehrwert bietet, um ein Update zu rechtfertigen. Diese Aufgabe hat Steinberg gut gelöst. Neben Zeiterscheinungen wie erwähnter KI-unterstützter Spracherkennung und einer Video-Engine, die auch mit 8K-Videos zurechtkommt, sind es wohl der erweiterte mehrkanalige Dolby-Atmos Surround-Sound und zahlreiche neue Effekte, die etwa Anwendern aus der Computerspiel-Entwicklung sehr entgegenkommen. Interessant scheint das Feature ABA (Adaptive Background Attenuation), welches Hintergrundgeräusche bei Sprachaufnahmen automatisch auf einen benutzerdefinierten Wert einpegelt. Überhaupt bietet Nuendo 14 deutlich mehr Möglichkeiten im Downmix über das Volume-Plugin. Auffällig auch das verbesserte GUI und die Möglichkeit, Projektdateien zu integrieren, die größer als 2 Gigabyte sind. All diese Goodies erfordern natürlich einen leistungsstarken Rechner auf Höhe der Zeit, der zudem mit einem aktuellen Windows oder Mac OS ausgestattet sein muss. Immerhin ist das Update mit knapp 200 Euro wohlfeil, die komplette Neuversion kostet um die 1.000 Euro. Vermutlich werden sich am ehesten professionelle Soundtrack-Produzenten aus der Gaming-Industrie für das Update erwärmen können. Andere Nuendo-Anwender sollten das Update zunächst unter die Lupe nehmen.
Quelle: Messe & Event Magazin
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