Estlands Hauptstadt Tallinn freut sich auf die Wiedereröffnung des grundsanierten Stadttheaters. Die neuen Bühnenanlagen werden in Funktionalität und Ökologie modernen Standards entsprechen.
Inmitten des pittoresken Tallinner Altstadtensembles, unweit des Hafens und des Bahnhofs, befindet sich ein imposanter Gebäudekomplex, der seit 1965 dem Linnetheater (zu deutsch: Stadttheater) als Probe- und Veranstaltungsort dient. Begonnen hat es ursprünglich als Jugendtheater, das im Eingangsgebäude angesiedelt war, und von dem legendären estnischen Schauspieler und Regisseur Voldemar Panso geleitet wurde. Da Panso auch die Drama-Abteilung an der Theaterakademie vor Ort gegründet hatte, kam es bald zu einem regen Austausch zwischen den beiden Institutionen. Absolventen der Akademie wechselten als Ausbildner in das Jugendtheater, darunter auch estnische Schauspielgrößen wie Jaan Saul („My Younger Brother“) oder Mikk Mikiver („Dead Mountaineer’s Hotel“), der 1970 zum Intendanten des Jugendtheaters ernannt wurde.
Da der Platz in dem ursprünglichen Gebäude bald zu knapp wurde, kamen im Laufe der Zeit leerstehende mittelalterliche Kaufmannshäuser in der Nachbarschaft sowie eine große Hofanlage hinzu. Anfang der 1990er Jahre war die heutige Anlage komplett, musste aber im Zuge der neugewonnenen Unabhängigkeit Estlands von der UdSSR mit schweren finanziellen Problem kämpfen. 2017 wurde schließlich ein Archtitekturwettbewerb für die komplette Renovierung der Theateranlage veranstaltet, seit 2021 wird an dem Komplex gebaut. Dieses Jahr sollen die Arbeiten abgeschlossen sein, und das Ensemble von den Ausweichbühnen zurückkehren können.
Herausfordernde Renovierung
Wie immer, wenn es darum geht, alte Bauten zu renovieren, sind Aufwand und Kosten im Vorfeld schwer zu kalkulieren. Im Falle des Tallinner Linne-Theaters geht es immerhin um Gebäude, die mehrere hundert Jahre alt sind, und somit aus einer völlig anderen Zeit stammen. Hier ist ein gerüttelt Maß an Kompetenz und Umsicht gefordert, schließlich sollen die Gebäude ja im Kern original erhalten werden. Die Umbauten in Einklang mit den Vorgaben der UNESCO hinsichtlich des Status als Weltkulturerbe zu bringen, hat denn auch viel Zeit im Vorfeld der Arbeiten eingenommen. Genehmigungen und Expertisen mussten eingeholt, manches Vorhaben gestrichen oder grundlegend angepasst werden. Schlussendlich ist aber ein Gebäudekomplex entstanden, der in seiner Form einzigartig ist.
Das ursprüngliche Ensemble aus mittelalterlichen Kaufmannshäusern ist um einen neuen Veranstaltungsort im zweiten Untergeschoß ergänzt worden, womit dem Theater jetzt insgesamt sieben Bühnen zur Verfügung stehen, die Open Air-Bühne im Hof eingerechnet. Die neu errichtete unterirdische Bühne ist zugleich die Größte des Theaters und fasst 350 Besucher. Daneben gibt es die „Black Box“-Bühne für 128 Besucher, die „Kleine Bühne“ für 85 Besucher und den flexiblen „Heaven“ im Dachgeschoß. Während der Bauarbeiten hat Beleuchtungstechniker Emil Kallas im Ausweichquartier mit verschiedenen Lichtanlagen experimentiert und sich schlussendlich für eine Ausstattung mit T2-Hybrid-Spots und Robospot-Verfolgersystemen von Robe entschieden. Damit ist das Tallinner Linnetheater für viele Jahre gut gerüstet und dürfte sich schon bald als Baujuwel und Kulturort in historischem Ambiente erweisen.
Quelle: Messe & Event Magazin
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